Business, Positionierung, Persona: Effektives Marketing braucht eine klare Linie. Ein Interview mit Christina Grunert

Positionierung und Persona: Tipps fürs Marketing. Viele blass violette Margeritenblüten und eine leuchtend blaue Blüte.

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Die eigenen Botschaften punktgenau zu formulieren, ist gar nicht so einfach. Was Ihnen (unter anderem beim Schreiben Ihrer Website- und Werbetexte) hilft: Arbeiten Sie heraus, was den Kern Ihrer Angebote ausmacht – und wie Sie Ihren Kunden weiterhelfen. Sie sollten natürlich auch wissen, wen Sie überhaupt erreichen wollen. Wie Ihnen das gelingt? Das bespreche ich mit Christina Grunert, Spezialistin für Onlinemarketing und Positionierung.

 

„Positionierung“: Was bedeutet das?

Die kürzeste Definition von Positionierung sagt: Wem helfe ich wie und wobei? Das bedeutet: In dem Augenblick, in dem du einen Kunden mit seiner Erwartung an dich hast, hast du in seinen Augen auch eine Positionierung. Du wurdest von ihm positioniert. Das geht oft gut.

Ein Problem wird es, wenn du die Erwartung deines Kunden nicht erfüllen kannst oder willst. Und wenn Interessenten nicht zu Kunden werden, weil sie nicht erkennen, dass du ihnen helfen kannst. Denn dann läuft dein Unternehmen nicht.

Außerdem verzettelst du dich leichter, wenn du keine klare Positionierung hast. Du bietest alles an, was du kannst. Um diesen Problemen aus dem Weg zu gehen, sollte man sich mit seiner Positionierung beschäftigen. Eine Position im Markt einnehmen. Du willst für etwas stehen.

Wir Unternehmerinnen und Unternehmer entwickeln uns im Verlauf der Zeit weiter (meistens zumindest). Wir möchten uns vielleicht auf neue Schwerpunkte konzentrieren oder bestimmte Dinge nicht mehr anbieten. Damit kann sich unsere Positionierung verschieben …

Keine Angst, auch eine Positionierung ist nicht in Stein gemeißelt. Sie entwickelt sich mit uns (weiter). Sie ist ein Prozess, dem wir ähnlich einer Jahresplanung immer wieder unsere Aufmerksamkeit schenken dürfen.

Sollten wir diesen Prozess mit Blick auf unsere Kunden beginnen – oder bei uns selbst?

Ich denke, dass wir Unternehmerinnen und Unternehmer uns unser Business um unsere Persönlichkeit aufbauen sollten. Wir stecken sehr viel Zeit und Energie in unser Business, deshalb müssen wir uns damit wohlfühlen. Tun wir das nicht, brennen wir schnell aus.

Damit beginnt Positionierung bei uns selber. Was will ich wirklich und warum? Mit wem kann ich diese (Business-)Ziele erreichen? Damit ist eine klare Positionierung ein wichtiger Teil deiner Unternehmensführung. Entscheidungen können leichter getroffen, Kooperationen schneller eingegangen, Kunden einfacher gewonnen und Angebote effektiver entwickelt werden.

Das heißt: Du sparst Zeit und Geld. Da du dich auf eine Problemlösung konzentrierst, wirst du immer besser in deinem Job. Deine Lösung wird immer wertvoller, was sich in deinem Preis, aber nicht in deinem Arbeitsumfang widerspiegelt. Deine Kunden zu begeistern, fällt dir leicht, denn du kennst ihre Sorgen und Probleme und du magst deine Kunden.

Wenn ich mich klar positioniere, ziehe ich die Kunden an, die zu mir passen?

Wenn du dir eine Positionierung erarbeitest, weißt du, warum, wie und wem du am besten hilfst. Genau diese Menschen und Unternehmen sprichst du an. Du grenzt dich deutlich von deinen Mitbewerbern ab. Du weißt auch, mit wem du gern Kooperationen eingehen würdest und kannst diese Unternehmer ansprechen.

Und mindestens genauso wichtig ist: Du weißt genau, mit wem du nicht zusammenarbeiten willst, welche Erwartungen du nicht erfüllen willst. Diese Entscheidung zu treffen, gibt dir ein großes Gefühl von Freiheit. Ich glaube, diese Erfahrung hat jeder schon einmal gemacht.

Zusammengefasst: Ja, du ziehst die Kunden an, die zu dir passen. Und genauso wichtig: Du entwickelst Angebote, die zu deinen Kunden passen.

Damit habe ich das richtige „Mindset“, um meine Angebote gut zu kommunizieren. Ich kann meine Kunden viel besser erreichen.

Für jede Marketingaktion ist eine klare Positionierung die Grundlage. Wenn ich weiß, wem ich am besten helfe, weiß ich auch, wo ich meinen Wunschkunden finde: auf welchen Offline-Events, auf welchen Websites, in welchen sozialen Medien. Ich weiß außerdem, welche Zeitschriften oder Magazine mein Wunschkunde liest. Genau an diesen Orten werde ich für ihn sichtbar. Du sprichst ihn mit Worten an, die er selber benutzen würde.

Wenn ich meine Werbetexte für einen solchen Wunschkunden schreibe, kann ich viel persönlicher formulieren: persönlicher als bei Texten für meine doch eher abstrakte „Zielgruppe“ …

Die Zielgruppe ist ein Pool aus Wunschkunden. Doch eine große Menschengruppe ist für uns schwer greifbar, man könnte auch sagen: eine sehr graue, undefinierbare Masse.

Unternehmer, die nur für eine Zielgruppe schreiben und nicht für einen Wunschkunden, fangen ganz schnell an, nur über sich selber zu sprechen: Wir machen dies, wir können das, wir haben jenes. Sie sprechen ihren Kunden gar nicht an. Bestimmt kennst du diese Texte zur Genüge. So viel Eigenlob will kein Mensch lesen. Deshalb sollten wir uns einen möglichst realistischen Menschen vor Augen halten, wenn wir unsere Angebote kommunizieren, und für ihn schreiben.

Fast jeder Unternehmer hat einen Lieblingskunden: einen Kunden, mit dem die Arbeit richtig Spaß gemacht hat, der dankbar war, der pünktlich bezahlt hat und am besten noch ein Folgeangebot wollte. Am einfachsten ist es, genau für diese Person zu schreiben und Angebote zu entwickeln. Das Schöne an einem Lieblingskunden ist auch, dass wir ihn befragen können:

  • Was hat dir besonders gut gefallen?
  • Was hättest du dir noch gewünscht?
  • Was hast du bekommen, obwohl du es gar nicht erwartet hast?

Diese Interviews helfen uns enorm, zu wachsen und besser in unserem Job zu werden.

Im Marketing sprechen wir nicht nur von „Wunschkunden“, sondern auch von „Personas“. Was hat es damit auf sich?

Eine Persona ist super hilfreich, wenn wir keinen wirklichen Lieblingskunden haben. Dann „basteln“ wir uns einen. So nannte eine Kundin von mir es einmal. Eine Persona ist ein idealisierter Kunde. Er hat die Eigenschaften und Probleme und Wünsche, die ich nach meiner Marktrecherche bei meinem Kunden erwarte.

Zählen dabei nüchterne Fakten: Alter, Geschlecht oder Beruf? Oder geht es um „weiche“ Eigenschaften: dass ich zum Beispiel Menschen ansprechen möchte, die sich gesünder ernähren wollen – unabhängig von Geschlecht, Alter oder Berufsgruppe?

Die harten Fakten sind meistens am einfachsten festzulegen. Aber sie sind nur ein grobes Gerüst und spielen am Ende eine untergeordnete Rolle.

Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Menschen, die sich gesünder ernähren wollen. Ich glaube, jeder will sich gesünder ernähren. Sogar meine 97-jährige Oma redet davon. Um sie zu erreichen, brauchst du eine ganz andere Sprache, ganz andere Kanäle und andere Geschichten als bei meiner 16-jährigen Tochter, die sich auch gesünder ernähren möchte.

Alter oder Geschlecht helfen mir also, meine Botschaften präzise zu formulieren. Wobei helfen mir diese „harten“ Faktoren noch?

Um deine Persona zu entwickeln, kannst du um die harten Fakten einen Tag deiner Persona beschreiben:

  • Wann würde sie mit deinem Produkt in Berührung kommen?
  • Wann würde dein Produkt ihr Leben schöner, leichter und einfacher machen?
  • Wie fühlt sie sich mit deinem Produkt?
  • Wann ist sie dankbar für dein Produkt?
  • Welchen Nutzen zieht sie aus deinem Produkt und welche Folgen hat das?

Du merkst, du beschreibst nicht nur den Tag deiner Persona, sondern auch dein Angebot. Wenn du Angebot und Persona zusammen betrachtest, kannst du dein Angebot viel zielgerichteter weiterentwickeln.

Wie gelingt mir das am besten?

Schreib es wirklich auf. Hier ist es hilfreich, mit einem Partner zu arbeiten, der die blinden Flecken in deinen Überlegungen sieht. Ich habe es schon erlebt, dass meine Kunden ein Angebot entwickeln wollten, das perfekt zu ihrem Wunschkunden passt, aber nicht zum Leben meiner Kunden.

Um festzulegen, mit welcher Sprache und Bildsprache, mit und in welchen Medien du deinen Kunden ansprechen solltest, solltest du wissen, wie er lebt:

  • wo und wie er gerne isst,
  • wo und wie er am liebsten Urlaub macht oder
  • welche Marken er trägt.

Wenn du schon Kunden hast, dann schreib dir einfach die wichtigsten Eigenschaften und Merkmale deiner fünf bis zehn Lieblingskunden auf. Du kannst gern mit den harten Fakten beginnen. Dann solltest du wissen,

  • warum deine Lieblingskunden dein Angebot gekauft haben,
  • welches Problem sie damit lösen wollten,
  • welchen Nutzen dein Angebot für deinen Kunden hatte und
  • wie sich deine Kunden mit deinem Angebot fühlen.

Wichtig ist die Haltung, der Umgangston, die Kleidung, eventuell die Automarke, die Urlaubsorte, der Familienstand, der Verdienst und die Medien, die dein Kunde nutzt. Eine Mentorin von mir sagt immer: „Du musst deinen Kunden besser kennen, als er sich selber kennt. Erst wenn du dich wirklich in deine Persona reinfühlen kannst, kannst du auch für sie schreiben.“

Was sollte ich noch beachten?

Ganz wichtig ist, nicht aufzuschreiben, was du glaubst: warum du glaubst, dass deine Kunden dein Angebot gekauft haben. Wichtig ist, dass du sie befragst.

Ich weiß, das fühlt sich komisch an. Aber die meisten Menschen helfen dir sehr gern, wenn du ihnen sagst, wofür du ihre Hilfe brauchst. Und dann suchst du die Ähnlichkeiten zwischen deinen Kunden. Aus diesen Ähnlichkeiten kannst du dann eine Persona entwickeln.

Wann ist es sinnvoll, mir Hilfe zu holen?

Kompliziert wird es, wenn der eigentliche Kunde nicht Nutzer deines Angebotes ist. Zum Beispiel Nachhilfeunterricht für Schüler. Die Kinder müssen die Nachhilfe annehmen, vielleicht suchen sie sie sogar aus. Und die Eltern müssen bezahlen, also davon überzeugt sein, dass ihren Kindern dort geholfen wird.

Oder beim Verkauf von Unternehmenssoftware: Wer ist meine Persona? Die Frau aus der Einkaufsabteilung? Die Mitarbeiter, für die die Software ist? Oder der Chef, der immer auf dem neuesten Stand sein will? Da muss man ein wenig genauer hinsehen: Wer beeinflusst wen?

Hier ist es gut, sich Unterstützung zu holen. Auch wenn du regelmäßig das Gefühl hast, dass du die falschen Kunden anziehst, solltest du dir Hilfe holen, denn dann stimmt irgendwas nicht.

Du begleitest Unternehmerinnen und Unternehmer dabei, sich gut zu positionieren. Wenn ich dich um Unterstützung rund um meine Positionierung und meine Wunschkunden bitte: Wie gehst du vor?

Zuerst meldest du dich zu einem Kennenlerngespräch bei mir an. In diesem Gespräch erfahre ich,

  • wo du gerade stehst,
  • wobei du dir Unterstützung wünschst und
  • was du schon getan hast, um voranzukommen.

So kann ich dich beraten und dir sagen, ob und wie ich dir helfen kann. Du lernst mich ein wenig kennen und kannst entscheiden, ob du mir vertraust und ob die Chemie stimmt. Das finde ich wichtig, denn nicht mit jedem will man über seine Ziele, Wünsche und Probleme sprechen.

Wie geht es nach dieser Bestandsaufnahme weiter?

Ich analysiere Vorhandenes, strukturiere und verbinde die Einzelteile mit meinem Wissen und meiner Kreativität neu, sodass das Vorhandene wieder mit Freude genutzt wird. Den roten Faden in den Geschichten meiner Kunden zu finden, ist immer wieder ein Aha-Erlebnis und ein Motivationsbooster für meine Kunden und auch für mich.

Als Nächstes skizzieren wir das Angebot. Danach schauen wir, wem meine Kunden damit am besten helfen können, und entwickeln eine Persona. Für diese Persona passen wir das Angebot an. Wir legen fest, wie das Angebot aussehen wird und wie es sich weiterentwickeln soll. Genau zu wissen, warum ein Angebot gemacht wird, ist für viele Kunden eine wichtige Kaufentscheidung.

Bleibt es bei theoretischen Überlegungen oder testet ihr Angebote und Persona auch in der Praxis?

Ich schicke meine Kunden tatsächlich in die Realität: Sie sollen ihre Angebote zwei bis drei Interessenten vorstellen. Menschen sind meistens nett und sagen kaum etwas Negatives. Das Feedback ist dennoch sehr wertvoll. Manchmal muss man aber zwischen den Zeilen lesen.

Mithilfe des Feedbacks überarbeiten wir eventuell noch einmal Persona und Angebot. Wenn beides steht, entwickelt sich die Marketingstrategie fast von alleine. Nur die Texte für die Website schreiben sich für viele nicht so leicht. Ich helfe beim Inhalt für die Startseite, bei der Angebotsseite und der Über-mich-Seite.

Zu guter Letzt: Was sagst du Unternehmern, die beim Schlagwort „Positionierung“ Angst oder Bedenken haben?

Ich verstehe es ein kleines bisschen, wenn Unternehmer Angst davor haben, sich zu positionieren. Sie glauben, sie würden sich einengen lassen. Aber das Gegenteil tritt ein. Man schafft sich mit einer Positionierung Rahmenbedingungen, die Begeisterung für das eigene Unternehmen und Kreativität freisetzen.

Das beobachte ich immer wieder bei meinen Kunden: Sie kommen zu mir, weil es irgendwo klemmt. Wir finden ihren Lieblingskundentyp, also ihre Persona. Wir formulieren das Angebot und den Nutzen, den die Persona haben wird. Und mein Kunde sitzt mit leuchtenden Augen vor mir und sieht sich schon mit seinem Lieblingskunden arbeiten. Das ist für mich immer ein total schöner Moment.

 

Foto Christina Grunert

Christina Grunerts Weg zum Marketing begann in einem IT-Büro: mit der Organisation und Vermarktung von Schulungen und im Austausch mit den Schulungsteilnehmern. „Ich habe gelernt, dass eine klare Positionierung und ein deutliches Nutzungsversprechen die wichtigsten Bestandteile jeder Marketingaktion sind“, wie sie sagt: „zu erkennen, was viele Teilnehmer bewogen hat, uns zu buchen.“ Heute gibt sie ihr Wissen rund um Marketing und Positionierung an ihre Kunden weiter. Im Netz ist sie unter Christina Grunert: Schritt für Schritt zu mehr Kunden zu finden.

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