In vielen Blogbeiträgen lesen Sie, wie Sie perfekte Texte hinbekommen. Auch ich bin kürzlich darauf eingegangen, wie Sie lesenswerte Websitetexte schreiben.
Allerdings: Zu viele Hinweise und Empfehlungen können überfordern. Sodass Sie gar nicht mehr wissen, was wirklich wichtig ist. Und welchen Tipps Sie folgen sollten. Wenn Sie an den vielen Regeln für gute Texte verzweifeln (und sich gar nicht mehr ans Schreiben herantrauen), wird’s Zeit für etwas Entspannung.
Sie müssen nicht jedem Vorschlag folgen. Wenn Sie für Ihre Website, für Ihren neuen Flyer oder für Ihre Firmenbroschüre schreiben: Gehen Sie mit Augenmaß an Ihre Texte heran – und trauen Sie sich, den einen oder anderen Tipp für gute Texte über Bord zu werfen.
Regeln für gute Texte: Ja, aber …
Tipps für lesenswerte Texte sind sinnvoll. Sie tun sich und Ihrem Unternehmen keinen Gefallen, wenn Ihre Kunden den Faden verlieren: wenn Ihre Websitetexte zu wünschen übrig lassen oder Ihre Flyer ungelesen im Papierkorb landen. Diese Empfehlungen gehören zu den Klassikern für Website- und Werbetexte:
- Bandwurmsätze vermeiden,
- auf verschachtelte und umständliche Formulierungen verzichten,
- auf aktive Sprache setzen,
- Floskeln, Fachjargon und Fremdwörter außen vor lassen,
- bildhaft, konkret und verständlich schreiben,
- auf den Punkt kommen: das Wichtigste in wenigen Worten ausdrücken und
- für Ihre Zielgruppe(n) texten.
Ich halte jedoch nichts von pauschalen Empfehlungen à la „Schreiben Sie nur kurze Sätze“. Oder „Streichen Sie sämtliche Füllwörter und Substantivierungen“ und „Vermeiden Sie das Passiv“. Und auch nichts von Listen voller „Zauberwörter für verführerische Werbetexte“ – oder voller Wörter, die Sie unbedingt streichen müssen: weil sie fade sind wie ein Krustenbraten ohne Salz.
Letztlich kommt es nie auf einzelne Wörter an. Kurze Formulierungen, keine Passivsätze, keine Füllwörter und keine Substantivierungen sind keine Garantie für gute Texte: Ein Text glänzt, wenn das Gesamtpaket stimmt.
Mit Augenmaß zu lesenswerten Texten
Bei Ihren Texten für Werbung, Website und Marketing liegt der Schlüssel im „zu Viel“: Kritisch wird es immer dann, wenn komplizierte Sätze und Worthülsen überhandnehmen. Daher können Sie sich Freiheiten und Regelbrüche erlauben. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer – und einzelne Floskeln, Füllwörter oder Substantivierungen machen noch keinen unleserlichen Werbetext.
Floskeln?
Adjektive wie „zuverlässig“, „kompetent“ und „erfahren“ gehören in die Kategorie „Floskelalarm“. Und Substantive wie „Qualität“ und „Kundenfreundlichkeit“ auch. Aber vielleicht finden Sie keine Alternativen: Vielleicht eignen sich solche Floskeln als Eyecatcher in Ihren Überschriften, vielleicht erleichtern sie Ihnen den Einstieg in Ihren Text.
Dann nutzen Sie sie. Heikel wird es nur, wenn Sie Floskel über Floskel aneinanderreihen und keine konkreten Informationen nachschieben: wenn Sie nicht beleuchten, was „kompetent“ oder „erfahren“ bedeutet – und wenn Sie nicht zeigen, was die Qualität Ihrer Produkte oder die Kundenfreundlichkeit Ihres Unternehmens ausmacht.
Substantivierungen?
„Pünktlichkeit“, „Vorbereitung“, „Aktualität“, „Beschaffenheit“ oder „Bereitschaft“: Substantivierungen sind problematisch, weil sie Ihre Formulierungen kompliziert machen. Doch einzelne Substantivierungen bringen Ihren Text nicht um. Nicht spricht dagegen, Sätze wie „Wir erwarten Pünktlichkeit“ oder „Zur Vorbereitung greifen wir zu (…)“ zu nutzen.
Sie sollten bloß nicht übertreiben. Wenn Sie zu Substantivierungen neigen, dann nehmen Sie sich eine Extra-Überarbeitungsschleife vor. Markieren Sie alle Wörter, die auf „heit“, „keit“, „ung“, „tät“ oder „schaft“ enden – und versuchen Sie, Ihre Sätze aufzulösen: „Wir erwarten, dass Sie pünktlich sind“ zum Beispiel.
Fach- und Fremdwörter?
Keine Fach- und Fremdwörter verwenden? Und für Ihre Zielgruppe schreiben? Das geht nicht zusammen, wenn Sie sich an Menschen wenden, denen Fachvokabular, Fremdwörter und Abkürzungen geläufig sind: Branchenkollegen, Profis, Expertinnen und Experten.
Wenn Sie für (Online-)Marketing-Spezialisten schreiben, dann nutzen Sie deren Sprache: Conversion Rate, Targeting, SEA oder CTA. Und Begriffe, die zur Standardsprache gehören, auch: Download, Domain oder Deadline. Wenn Sie dagegen Laien ansprechen und (etwa auf Ihrer Website) immer wieder Fachausdrücke erwähnen müssen, dann erklären Sie sie: zum Beispiel in einem Glossar.
Füllwörter?
Auch Füllwörter sind eigentlich nicht böse. Sie setzen Akzente, machen Zusammenhänge deutlich und vermitteln gewisse Stimmungen. „Ausdrücklich“, „im Prinzip“, „dagegen“, „auf der anderen Seite“ oder „manchmal“: Füllwörter lockern Ihre Texte auf.
Wieder andere Füllwörter schwächen Ihre Aussagen ab. Zum Beispiel „Gute Texte bestechen unter anderem durch klare Strukturen“: Lesen Sie diesen Satz ohne „unter anderem“, lesen Sie eine prägnantere Aussage. Entscheiden Sie daher immer von Fall zu Fall: Prüfen Sie, ob Sie auf Füllwörter verzichten können – oder ob sie Ihre Texte mit Leben füllen.
Abwechslung statt Einheitsbrei
Bei vielen Wörtern kommt’s aufs rechte Maß an: darauf, nicht zu übertreiben. Auf der anderen Seite gilt: Wenn Sie Regeln über Bord werfen, schreiben Sie abwechslungsreicher. Das macht Ihre Website- und Werbetexte interessant. Und Ihre Botschaften kommen an: ein großer Vorteil, den Sie nutzen sollten.
Kurze Sätze?
Vierzehn Wörter, zwölf Wörter oder nur zehn Wörter: Die Vorgaben für die maximale Satzlänge schwanken. Doch wenn Sie bloß kurze und knappe Sätze schreiben, hetzen Sie Ihre Leser durch den Text.
Ein solcher Stakkato-Stil strengt an. Vorteilhafter für gute Texte ist: Wechseln Sie zwischen kürzeren, längeren und ganz kurzen Sätzen. Prüfen können Sie Ihre Satzlängen ganz leicht. Empfohlen habe ich Ihnen diesen Trick schon öfter: Lesen Sie Ihre Sätze laut – und schauen Sie, ob Sie sie in einem Atemzug herunterlesen können. Klappt das nicht, sind Ihre Sätze zu lang.
Verschachtelte Sätze?
Ein Hauptsatz mit Aufzählungen ohne Ende, ein Nebensatz, ein zweiter Nebensatz mit Partizipgruppe, eine Konjunktion samt Komma, ein weiterer Einschub und noch zwei Kommas: Besonders lesenswert ist das nicht.
Dennoch: Ihre Leser werden Sätze mit drei (und vielleicht auch mit vier) Kommas verkraften. Auch das bringt Abwechslung in Ihren Text ein. Denken Sie einfach daran, simple und etwas komplexere Sätze zu mischen – und allzu verschachtelte Sätze zu entschlacken. Tipps gibt’s unter So finden Sie die optimale Satzlänge – und so bändigen Sie Bandwurmsätze.
Passivsätze?
Auch dieser Grundsatz wird oft betont: „Nutzen Sie das Aktiv, vermeiden Sie Passivsätze“. Natürlich: In rauen Mengen sollten Sie das Passiv nicht verwenden. Aber Passivkonstruktionen setzen neue Akzente.
Mit „Ihr Wunschtermin wird innerhalb einer Stunde bestätigt“ schreiben Sie aus Perspektive Ihrer Leserinnen und Leser. Doch wechseln Sie ins Aktiv – „Wir bestätigen Ihren Wunschtermin innerhalb einer Stunde“ – rücken Sie Ihr Unternehmen in den Mittelpunkt. Sie bringen einen anderen Blickwinkel ein: Mit dem Passiv können Sie Ihre Aussagen gezielt gewichten.
Zu guter Letzt
Gute Texte und ein stimmiger Gesamteindruck: Mit einigen Passivsätzen, Füllwörtern, unterschiedlichen Satzlängen und selbst mit Kommas können Sie Ihre Werbetexte aufpeppen. Auch Floskeln und Substantivierungen sind kein Beinbruch – vorausgesetzt, Sie dosieren sie sparsam. Wie gesagt: Eine gute Schreibe hängt nicht von einzelnen Wörtern ab. Deshalb können Sie die eine oder andere Regel ruhig über Bord werfen.
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