Für den kleinen Querstrich gibt es etliche Bezeichnungen: Trennstrich, Ergänzungsstrich, Divis oder Viertelgeviertstrich. Oder schlicht und einfach Bindestrich. Aber wann und wo sind Bindestriche eigentlich korrekt? Wann sind sie ein Fall für den Rotstift? Wann können (und sollten) Sie Bindestriche setzen – und wann verzichten? Antworten gibt’s in meinem aktuellen Rechtschreibbeitrag.
Ein Hinweis vorab: Bitte keine „Deppenleerzeichen“
Sogenannte Deppenleerzeichen finden Sie dort, wo Wörter (eigentlich) zusammengeschrieben werden. Oder wo Sie Bindestriche setzen müssten. Schauen Sie sich einfach mal im Supermarkt um, wenn Sie das nächste Mal einkaufen gehen: Die Ausbeute ist astronomisch!
Wenn Sie Website- oder Werbetexte schreiben und diese falschen Leerzeichen verwenden, ist das umso problematischer: Sie bringen Unruhe in Ihren Text, Ihre Leserinnen und Leser haben es schwerer – und Sie stiften Verwirrung. Nutzen Sie daher Bindestriche: wenn Sie Bindestriche setzen müssen oder wenn sich Bindestriche empfehlen.
Bindestriche setzen: Auf jeden Fall
Manchmal haben Sie keine Wahl. In folgenden vier Fällen müssen Sie zu Bindestrichen greifen:
Einzelbuchstaben, Abkürzungen, Ziffern
Nutzen Sie Abkürzungen, einzelne Buchstaben oder Ziffern, sind Bindestriche obligatorisch:
- „A-Dur“, „i-Tüpfelchen“, „x-beliebig“,
- „DIN-A4-Blatt“, „Dipl.-Ing.“,
- „EDV-Abteilung“, „Kfz-Papiere“,
- „100-Meter-Lauf“, „7,5-Tonner“.
Bei Zusammensetzungen mit Ziffern toleriert der Duden bisweilen übrigens die Schreibung ohne Bindestrich, empfiehlt Bindestriche aber: „2010er-Jahre“ oder „4-fach“ – und daneben „2010er Jahre“ oder „4fach“. Am besten, Sie setzen immer Bindestriche: So schreiben Sie auf jeden Fall richtig.
Zusammengesetzte Wortgruppen
Bindestriche setzen Sie auch, wenn Sie (eigentlich getrennt zu schreibende) Wortgruppen verbinden und es sich dabei um Substantivierungen handelt. Für Zusammensetzungen mit klassischen Substantiven gilt das natürlich auch:
- „das Sowohl-als-auch“,
- „kein Entweder-oder“,
- „das Auf-die-lange-Bank-Schieben“,
- „zum Aus-der-Haut-Fahren“,
- „Dezember-Januar-Ausgabe“,
- „Links-rechts-Schema“.
Übrigens: Das erste Wort solcher Zusammensetzungen schreiben Sie immer groß, Substantive und Substantivierungen auch. Eingefügte Präpositionen, Adverbien oder Adjektive beginnen dagegen klein.
Bindestriche als Ergänzungsstriche
Der Ergänzungsstrich ist eine Art Platzhalter – um bei Zusammensetzungen, die sich einen Wortbestandteil oder mehrere Wortbestandteile teilen, abkürzen zu können:
- „zwei- bis dreimal“,
- „Ein- und Ausgang“,
- „Balkon-, Terrassen-, Garagen- und Kellersanierung“,
- „Textilgroß- und -einzelhandel“.
Ebenfalls möglich und korrekt sind Formulierungen wie „Wir bieten Englisch-, Französisch-, Italienisch-, Latein- und weitere Fremdsprachennachhilfe an“.
Fälle wie „Social-Media-Aktivitäten“
Anglizismen verwenden wir inzwischen in rauen Mengen. Meist bestehen sie aus separaten Wörtern: „Social Media“, „Best Practice“, „Public Relations“, „High Potentials“ oder „Soft Skills“. Wenn Sie solche Anglizismen jedoch mit einem neuen Grundwort verbinden, müssen Sie Bindestriche setzen – und zwar komplett:
- „Social-Media-Aktivitäten“,
- „Best-Practice-Ansatz“,
- „Public-Relations-Abteilung“.
Nur, wenn Sie Anführungsstriche nutzen, könnten Sie auf Bindestriche innerhalb solcher Anglizismen verzichten: „Social Media“-Aktivitäten oder „Best Practice“-Ansatz (alternativ: „Social-Media“-Aktivitäten und „Best-Practice“-Ansatz).
Allerdings betonen Anführungszeichen sehr stark: Ich persönlich würde sie nur nutzen, wenn es einen guten Grund für Anführungsstriche gibt. Bei Hinweisen auf Titel oder Eigennamen zum Beispiel: „Don Giovanni“-Vorstellung oder „Ton Steine Scherben“-Konzert.
Bindestriche setzen: Unter Umständen
Im Grunde wird im Deutschen alles zusammengeschrieben, was zusammengeschrieben werden kann. Dennoch gibt es in einigen Fällen Empfehlungen, trotzdem Bindestriche zu setzen: um Lesbarkeit und Verständnis zu erleichtern oder um Missverständnissen vorzubeugen.
Bessere und verständlichere Texte
Wir nutzen im Deutschen (leider) extrem lange Begriffe: Stichwort „Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsantrag“. Oder sehr unübersichtliche Wörter wie „Einnahmenüberschussrechnung“ oder „Lohnsteuerermäßigungsverfahren“. Wenn Sie Bindestriche setzen, lesen sich solche Wörter gleich viel besser:
- „Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsantrag“,
- „Einnahmen-Überschuss-Rechnung“,
- „Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren“.
Wichtig: Fügen Sie Ihre Bindestriche immer so ein, dass einzelne Sinnabschnitte erhalten bleiben. Also bitte nicht „Kraftfahrzeughaft-Pflichtversicherung“.
Betonung und Eindeutigkeit
Verständlichere Texte schreiben: Das hängt eng mit eindeutigen Betonungen und möglichst wenigen Missverständnissen zusammen. Sie können Bindestriche setzen, um einzelne Wortbestandteile hervorzuheben und Missverständnisse zu vermeiden: bei
- „Kann-Bestimmung“,
- „Top-Platzierung“ oder
- „Hoch-Zeit“: um eine Blütezeit von einer Eheschließung abzugrenzen.
Und Sie können mit Bindestrichen Verständnisfehlern vorbeugen: Immerhin bedeutet „Musik-Erleben“ etwas völlig anderes als „Musiker-Leben“.
Gute Lesbarkeit
Vielleicht nutzen Sie Wörter mit drei gleichen Buchstaben oder zwei Diphthongen (bei einem Diphthong treffen zwei unterschiedliche Vokale zusammen). Auch dann machen Sie es Ihren Leserinnen und Lesern leichter, wenn Sie Bindestriche setzen: mit
- „Erdnuss-Soße“,
- „Hawaii-Insel“,
- „Kaffee-Export“,
- „Tee-Ei“,
- „Donau-Auen“ und
- „Polizei-Einsatz“.
Anglizismen und andere Fremdwörter?
Substantive aus anderen Sprachen? Können Sie ebenfalls mit Bindestrichen verbinden. So heben Sie die Teile Ihrer Zusammensetzung besser hervor – und Ihre Leser haben es leichter: mit
- „Aquaplaning-Gefahr“ (statt „Aquaplaninggefahr“),
- „Shopping-Mall“ (statt „Shoppingmall“) oder
- „Immobilien-Exposé“ (statt „Immobilienexposé“).
Ähnlich verhält es sich bei Verbindungen mit Fachwörtern: zum Beispiel bei
- „Chronopharmakologie-Studie“,
- „Saccharose-Intoleranz“ und
- „Scaffolding-Technik“.
Besser ohne Bindestrich
An jede mögliche Stelle einen Bindestrich? Zu viele Bindestriche sind ungesund: weil sie Unruhe in Ihren Text bringen. Wie bisher beschrieben, tragen Bindestriche zu einem besseren Lesefluss bei. Aber zu viel des Guten ist zu viel. Besser keine Bindestriche setzen – das gilt in folgenden Fällen:
Kurze Wörter, übersichtliche Zusammensetzungen
Kurze, gut lesbare Wörter brauchen keine Bindestriche. Selbst einige Zusammensetzungen bestehen nur aus drei, vier Silben:
- „Backmischung“,
- „Teigtemperatur“,
- „Stäbchenprobe“ oder
- „Vollkornmehl“.
Und unterschätzen Sie Ihre Leserinnen und Leser nicht. Trauen Sie ihnen ruhig zu, auch etwas längere Wörter souverän zu verstehen: Wörter wie „Amarenakirschen“, „Bittermandelaroma“ oder „Dinkelvollkornmehl“.
Zusammensetzungen mit Fugenlauten
Sogenannte Fugenlaute verbinden eine ganze Reihe zusammengesetzter Wörter. Hier kommen Sie ohne Bindestriche aus: weil Fugenlaute bereits anzeigen, wo die einzelnen Wörter zusammentreffen. Und wie gesagt: Fugenlaute verbinden Zusammensetzungen. Sie trennen sie nicht: beispielsweise
- „Arbeitszeit“,
- „Tageszeit“,
- „Firmenzentrale“ oder
- „Antiquitätenhandel“.
Trennstriche sind zwar nicht ausdrücklich verboten. Aber Schreibungen wie „Arbeits-Zeit“ oder „Firmen-Zentrale“ sind einfach kein guter Stil.
Doch bekanntlich gibt es keine Regel ohne Ausnahme: Ergibt sich eine neue Gesamtbedeutung – zum Beispiel bei „Preis-Leistungs-Verhältnis“ –, müssen Sie Bindestriche setzen.
Extratipp zum Schluss
Bindestriche sehen anders aus als Gedankenstriche – und Gedankenstriche erfüllen ganz andere Funktionen. Verwechseln Sie Binde- und Gedankenstriche also nicht. Gleich zu Anfang meines Blogbeitrags hatte ich erwähnt, dass ein Bindestrich als Viertelgeviertstrich bezeichnet wird. Ein Gedankenstrich heißt dagegen „Halbgeviertstrich“. Das sagt etwas über die unterschiedliche Länge beider Querstriche aus: Bindestriche sind etwas kürzer als Gedankenstriche.
Achten Sie daher darauf, Binde- und Gedankenstriche typografisch richtig zu verwenden. Wann Sie Gedankenstriche setzen müssen und wie Sie sie korrekt hinbekommen, lesen Sie in meinem Beitrag Der Gedankenstrich: Stilsichere Verwendung und korrekte Rechtschreibung.
Das könnte Sie auch interessieren
- Anführungszeichen setzen: Wann und wo – und wann besser nicht?
- Ordnung, Struktur, Lesbarkeit: Warum Sonderzeichen wichtig sind
- Kürzer, länger, kurz und knapp: So finden Sie die optimale Satzlänge – und so bändigen Sie Bandwurmsätze
- Stichpunkte und die Sache mit der Rechtschreibung: Die wichtigsten Regeln im Überblick