Ausstrahlung, Kommunikationsstrategien und Mut zum Rampenlicht: Professionelle Businessfotografie für Ihr Unternehmen. Ein Interview mit Kristian Scheffler

Professionelle Businessfotografie: Mann im Anzug, der über eine Straße schreitet

© Kristian Scheffler | www.scheffler-fotografie.de

Wenn Sie schon länger in meinem Blog mitlesen, wissen Sie, dass ich immer wieder betone: Ihre Persönlichkeit ist wichtig – sei es auf Ihrer Website, sei es in Ihren Texten. Oft weise ich auch auf überzeugende Fotos hin. Doch wie funktioniert professionelle Businessfotografie? Wie stellen Sie sich und Ihr Unternehmen vorteilhaft dar? Und was sollten Sie beachten? Das frage ich Kristian Scheffler, Werbefotograf aus Leipzig.

 

Was zeichnet optimale Businessfotografie aus? Wie bringt man die Persönlichkeit von Selbständigen, Firmenchefs oder Unternehmerinnen am besten zur Geltung?

Ein optimales Businessfoto ist ein Foto, auf dem die Person von ihrer besten Seite gezeigt wird: analog zur Porträtfotografie. Der Unterschied zu einem klassischen Porträtfoto ist, dass es auch um Kompetenzen und Vertrauen geht. Kurz gesagt: Businessfotografie sollte beim Gegenüber Vertrauen und Wohlwollen auslösen.

Dafür gibt es verschiedene Ansatzpunkte, die sich je nach Branche unterscheiden können. Einen Handwerksmeister wird man anders darstellen als einen Fondsmanager. Man begibt sich als Fotograf in die Branchensicht des jeweils Porträtierten – das ist das Spannende an der Businessfotografie.

Müssen Fotografien für die eigene Website oder für die neue Unternehmensbroschüre unbedingt „typisch business“ wirken? Oder sind auch unangepasste oder ungewöhnliche Fotos denkbar?

Auch das ist branchenabhängig. Es ist entscheidend, wie der Kunde tickt und wie er sich nach außen positionieren möchte. Ich bin ein Freund von unkonventionellen Motiven – da sie bei den Menschen im Kopf bleiben. Da lege ich auch schon mal einen Typ mit Anzug in eine Badewanne: Es bleibt einfach hängen. Natürlich würde dieses Foto nicht überall gleich funktionieren. Es kommt auf den Kontext an!

Businessfotografie hat eben auch sehr viel mit Werbung zu tun. Wie ich für mich, meine Brand, meine Produkte oder Dienstleistungen werben möchte, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Gemeinsam mit einem guten Businessfotografen kann man den Möglichkeiten auf den Grund gehen. Schließlich hat Werbung auch etwas mit Risikobereitschaft zu tun.

Bei Businessfotos spielt die Ausstrahlung der porträtierten Menschen eine große Rolle. Was raten Sie Ihren Kunden hinsichtlich ihres Outfits?

Bei der positiven Ausstrahlung bin ich ganz bei Ihnen. Gerade, wenn wir Menschen noch nicht kennen, hilft das, den ersten Eindruck in die richtige Richtung zu lenken. Eine positive Ausstrahlung erreiche ich allerdings nur, wenn ich mich während eines Shootings aufgehoben und wohlfühle – was in Anbetracht der Tatsache, dass ein fremder Mensch mich fotografiert, nicht selbstverständlich ist.

Es gibt jedoch viele Wege, den Menschen vor der Kamera die Sache zu erleichtern. Ein Weg ist, dass sich der Mensch in seinem Outfit wohlfühlt. Da findet man sich ganz schnell in der Position des Stilberaters wieder (lacht).

Wie sieht es mit berufstypischen „Requisiten“ aus? Bei mir als Texterin zum Beispiel ein Notebook?

Typische Requisiten helfen, sich dem Thema persönlich zu nähern. Auch der Betrachter kann das Foto später richtig einordnen. Schließlich denken wir alle ein wenig in Schubladen. Das macht uns das Leben leichter. Bei der Businessfotografie erhöht eine gute Außenkommunikation die Erfolgsaussichten. Ob es dann ein Notebook sein muss oder ob ich Sie vielleicht aus romantischen Gründen vor eine Schreibmaschine setze, ist Geschmackssache. Am Ende entscheidet man gemeinsam, Sie haben schließlich auch Ihren Stil.

Darüber hinaus ist die Fotolocation wichtig. Was empfiehlt sich hier? Aufnahmen im Fotostudio oder im eigenen Betrieb oder Geschäft?

Dazu möchte ich eine kleine Anekdote erzählen. Vor ein paar Jahren kam ein Trainer-Duo zu mir. Sie hatten sich zur Aufgabe gemacht, Unternehmen in ihrer Struktur zu hinterfragen und Mitarbeiter zu coachen, um betriebliche Abläufe besser zu gestalten. Sie selbst hatten keinerlei Fachabschlüsse. Jedoch waren es zwei leidenschaftsbezogene Männer, die sich in ihrer Freizeit viel mit dem Thema auseinandergesetzt hatten.

Sie besaßen weder Räumlichkeiten noch ein Homeoffice und hatten auch keine sonderlichen Alleinstellungsmerkmale. Trotzdem sind sie mittlerweile megaerfolgreich und haben Kunden wie die Lufthansa oder große Versicherungsträger. Das haben sie mit einer erfolgreichen Außenpräsentation geschafft!

Ich bin mit ihnen in die Universität Leipzig – genauer: ins Paulinum – gegangen und habe sie als Götter in Weiß inszeniert. Uniformen sind kompetenzbehaftet: Wir neigen dazu, Menschen in Uniformen zu vertrauen. Das Paulinum ist riesig und weiß, es wirkt wie eine riesige Empfangshalle. Die fehlenden Locations haben wir durch öffentliche Orte wie die Universität oder Restaurants ersetzt: In den Restaurants haben wir Tische zusammengeschoben und Seminare simuliert.

Am Schluss entstand eine Präsentation, die viel größer war als die beiden Trainer. Doch sie half ihnen, ihren Weg zu gehen: Fake it until you make it. Alles ist eine Sache der Perspektive und niemand muss sich in ein kleines Licht stellen. Wenn es das Rampenlicht gibt, muss man jedoch die Entschlossenheit und den Mut haben, solch einen Schritt zu wagen.

Mut und Entschlossenheit haben also geholfen. Wie sieht es mit anderen ungewöhnlichen Locations aus – beispielsweise ein Park?

Locations sind wichtig und man sollte sich im Vorfeld Gedanken darüber machen, welche Wirkung sie auf den Betrachter haben. Sie suggerieren dem Betrachter auch, wie der Mensch sich selbst positioniert. Ist der Unternehmer naturverbunden und natürlich, macht der Park absolut Sinn. Ist er eher schlicht, pragmatisch und erfolgsorientiert, sollte man eine andere Location wählen.

Wenn mehrere Fotos zusammenkommen (zum Beispiel für die Firmenwebsite), sollte ein harmonisches Ganzes entstehen. Was ist hier zu beachten?

Ein harmonisches Zusammenspiel ist sehr wichtig. Fällt ein Bild aus der Reihe, fällt das schnell auf und wir stören uns daran. Man kann zwar damit spielen, jedoch empfiehlt sich in der Regel die Harmonie. Um Harmonie auf die Website zu bekommen, geht man meistens über die Unternehmensfarben. Durch gezieltes Weglassen von Farben und das Betonen von anderen Farben bekommt die Website einen harmonischen Gesamtlook.

Ich habe zum Beispiel ein Unternehmen mit der Hauptfarbe Orange. Da halte ich die Bildsprache sehr schlicht, mit vielen hellen Tönen. Im Hintergrund einer Besprechungsszene taucht dann ein Korb mit Orangen auf, um die Farbe wieder aufzunehmen. Das ist subtil und webt das Bild ins Gesamtkonzept ein. Meistens gibt es auch noch Akzentfarben: Auch diese können immer wieder auftauchen. So kann man einen einheitlichen Look gewährleisten.

Trotz eines harmonischen Gesamteindrucks: Wie wichtig ist gewisse Abwechslung – beispielsweise Porträts, daneben aber auch Produktfotos oder Bilder aus dem Unternehmen?

Wenn es um generelle Abwechslung in der Businessfotografie geht, empfiehlt es sich, vorher ein Bildkonzept zu machen: Was möchte ich wo kommunizieren? Man kann sein Produkt oder seine Dienstleistung in vielen kleinen Facetten und Bruchstücken zeigen oder das große Ganze festhalten. Hier gibt es superviele Ansatzpunkte und diese unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen sehr.

Bei Apple beispielsweise wird man selten Mitarbeiterbilder finden: Dort rücken die Produkte in den Fokus. Wohingegen ein Fernsehkoch eher eine Personenmarke darstellt und diese in den Vordergrund rückt – nicht seine Gerichte, obwohl das Gericht im Grunde sein Endprodukt ist.

Ob man sich und seine Mitarbeiter zeigt, kommt also darauf an …

Es gibt beratungsintensive oder kommunikationslastige Berufe und Unternehmen, wo es von Vorteil sein kann, dass man ein Bild der jeweiligen Person veröffentlicht. Es gibt jedoch auch Berufszweige, in der eine Veröffentlichung nicht sinnvoll ist: beispielsweise durch die Gefahr der Abwerbung. Dann fischen andere Unternehmen gezielt nach diesen Mitarbeitern.

Wie gehen Sie selbst an ein Businessshooting heran? Ist es wichtig, dass Sie über die Angebote, die Zielgruppe(n) oder die Philosophie des jeweiligen Unternehmens Bescheid wissen?

Bei der Businessfotografie ist Recherche das A und O. Ich schaue mir oft die Konkurrenz des Unternehmens an und überlege, was ich besser machen könnte. Daneben ist aber auch der Dialog mit dem Kunden wichtig: Wo sieht er sich selbst? Ist seine Einschätzung hinsichtlich des Stils richtig oder könnte man Muster aufbrechen und andere Wege gehen? Kunden oder Unternehmen kennen sich super mit ihren Produkten oder Dienstleistungen aus – jedoch nicht zwingend damit, wie man beides am besten vermarkten könnte.

Ich finde mich oft an Agenturtischen wieder, wo man gemeinsam berät, wie man das Beste herausholen kann. Dazu gehören auch die Bilder. Wenn ich die Philosophie und die Funktionsweise eines Produkts oder einer Dienstleistung nicht verstanden habe, kann ich sie auch nicht adäquat abbilden. Daher ist es wichtig, sich mit dem Unternehmen zu beschäftigen. Das sind Dinge, die man nicht von einem Fotografen erwartet. Ich halte es jedoch für essenziell.

Perspektivenwechsel: Worüber sollten sich Freiberuflerinnen, Dienstleister oder Unternehmer im Vorfeld eines Shootings Gedanken machen? Wie bereiten sie sich am besten vor?

Da driften wir schnell weg von der Fotografie. Im Grunde sollte ihnen klar sein:

  • Wie will ich mich positionieren?
  • Was sind meine Alleinstellungsmerkmale?
  • Wer sind meine Konkurrenten? Was mache ich besser oder schlechter?
  • Habe ich eine Corporate Identity und unternehmensspezifische Farben, Schriften oder ein Logo?
  • Kann ich selbst Locations anbieten oder sollte der Fotograf mich unterstützen?
  • Gibt es Mitarbeiter, die nicht fotografiert werden wollen? Oder fällt es einigen schwerer (und warum ist das so)?

Man sieht schon: Man befindet sich hier schnell in der Unternehmensberatung. Es kommt auch vor, dass ich für Fotos angefragt werde und das Shooting soll dann unternehmerische Probleme lösen, die ein Fotoshooting nicht lösen kann. Man sollte sich also grundsätzlich fragen, ob die Businessfotografie der nächste Schritt ist oder ob es noch andere Baustellen innerhalb des Unternehmens gibt.

Nicht zuletzt: Wahrscheinlich sind viele Menschen vor einem Shooting nervös. Können Sie aufgeregten Kunden Tipps geben, um die Nervosität abzubauen?

Viele Menschen lassen sich nicht gern fotografieren. Das liegt im Grunde daran, dass wir uns permanent mit anderen vergleichen: vor allem mit Menschen, die bis zur Unkenntlichkeit gephotoshoppt sind. Ich sage dann immer: Das sind auch nur Menschen und die kochen mit Wasser, genau wie du und ich.

Ein grundlegendes Vertrauen fordere ich schon ein. Dann tue ich aber auch alles, um dieses Vertrauen nicht zu verspielen. Im Vorfeld bin ich so offen und transparent, wie es mir möglich ist.

Am Shooting-Tag selbst gibt es mehrere Optionen. Bei Mitarbeitershootings läuft bei mir oft Gute-Laune-Mucke (80er-Jahre) – gepaart mit einem großen Monitor, auf dem die porträtierte Person sehen kann, was ich fotografiere. Hinterher schauen wir uns die Ergebnisse gemeinsam an und ich gehe auf konstruktive Kritik ein: Ich möchte ehrlich wissen, was die Menschen eventuell stört. Dann kann ich durch fotografische Tricks auch unvorteilhafte Seiten verstecken.

Ansonsten hilft generell gute Laune – und ein guter Trick ist eine professionelle Visagie. Sie kann auflockernd wirken und auf das Shooting einstimmen. Eine gute Visagie schafft ein Vertrauensband zum ganzen Team, sodass sich Kunden wohlfühlen und Vertrauen fassen.

 

Businessfotografie: Porträt Kristian Scheffler

Kristian Scheffler: Ich bin während meines Abiturs mit Bildbearbeitung und Fotografie in Berührung gekommen und konnte die Kamera seitdem nicht mehr weglegen. Aus dem Hobby entwickelte sich mein Beruf als Fotograf. Direkt nach der Ausbildung machte ich einen Zwischenstopp ins Angestelltenverhältnis als Studioleiter und Fotoschullehrer. Circa 2 Jahre später machte ich mich selbstständig. Von da an knüpfte ich viele Kontakte zu Werbeagenturen und formte meine Spezialisierung als Werbefotograf. Seitdem durfte ich für viele Brands wie Porsche, Audi, RB Leipzig, Jack Wolfskin, die Deutsche Bahn und viele mehr arbeiten. Das bereitet mir bis heute ungeheuer viel Spaß. Ausschnitte aus meinem Portfolio gibt es hier: www.picdrop.com/scheffler-fotografie.

 

2 Kommentare

  1. Sabrina

    Danke für das informative interview. Ich konnte mich in vielen Passagen wiederfinden.

    Viele Grüße

    Sabrina

    Antworten
    1. Sandra Meinzenbach

      Liebe Sabrina,

      es freut mich, dass Sie sich in meinem Interview wiedererkannt haben.

      Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute,
      Sandra Meinzenbach

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