Die Kommasetzung ist kompliziert. Auch deshalb, weil es einige Kann-Regeln gibt: Bei etlichen Formulierungen können Sie Kommas setzen oder auf die sogenannten Beistriche verzichten. Drei solche Fälle habe ich für diesen Beitrag herausgegriffen. Ich erkläre die zugehörigen Rechtschreibregeln und ich zeige, wann Sie Kommas setzen sollten – und wann und warum Sie sich dagegen entscheiden können.
(Keine) Kommas bei Infinitivgruppen
Bei Infinitivgruppen handelt es sich um Infinitive in Verbindung mit „zu“: „zu planen“, „zu expandieren“, „zu reisen“ und so fort. Nutzen Sie solche Infinitive in einfacher Form, haben Sie bei der Kommasetzung die Wahl (Duden-Regel 116).
Wenn Sie Kommas setzen, gliedern Sie Ihre Sätze klar und deutlich. Der Leser kann Ihnen besser folgen: vorteilhaft gerade bei komplexeren Hinweisen wie „Uns zu vergrößern[,] ist unser wichtigstes Anliegen“.
Allerdings haben solche optionalen Kommas einen Nachteil. Sie verkomplizieren Ihre Sätze. Simple Aussagen wie „Wir planen zu expandieren“ sind auch ohne Kommas gut zu verstehen. Hier machen Sie es Ihren Lesern leichter, wenn Sie auf das Komma verzichten.
Notwendig ist das Komma dagegen immer dann, wenn der Infinitiv mit „zu“ von einem Substantiv abhängt. Und wenn Sie die Konjunktionen „als“, „außer“, „ohne“, „um“, „anstatt“ oder „statt“ voranstellen. Oder wenn Sie der Infinitivgruppe mit einem hinweisenden Wort vorgreifen oder sie wieder aufnehmen (Duden-Regel 117).
Manchmal entfällt das Komma übrigens komplett. Und zwar immer dann, wenn der Infinitiv mit „zu“ und der übergeordnete Satz eng verschränkt sind.
(Keine) Kommas bei Partizipgruppen
Partizip- oder Partizipialgruppen? Hier stehen Partizipien im Mittelpunkt, oft ergänzt um ein Adjektiv: Hinweise wie „Ihren Wünschen entsprechend“, „grob geschätzt“, „genau genommen“ oder „erfolgreich erprobt“. Auch hier können Sie in vielen Fällen selbst entscheiden, ob Sie Kommas setzen (Duden-Regel 114).
Fügen Sie Kommas ein, stellen Sie die Partizipgruppen besonders heraus: Sie betonen Einschübe wie „Ihrem Wunsch entsprechend“, „grob geschätzt“ oder „verglichen mit anderen“.
Allerdings gilt ähnlich wie bei Infinitiven mit „zu“: Sobald Sie Partizipgruppen eigens ankündigen oder erneut aufnehmen, haben Sie keine Wahl. Dann gehören Kommas in den Text. Vorgeschrieben sind Kommas auch dann, wenn solche Wortgruppen als klassische Zusätze am Satzende stehen – oder wenn sie direkt auf ein Substantiv oder auf ein Personalpronomen folgen. Schieben Sie solche Hinweise in einen Satz ein und führen Sie Ihren Satz weiter, müssen Sie paarige Kommas setzen: vor und zugleich nach der Partizipgruppe (Duden-Regel 115).
(Keine) Kommas vor „und“ oder „oder“
Bei Aufzählungen werden die einzelnen Aufzählungsglieder durch Kommas getrennt. Nutzen Sie jedoch Bindewörter wie „oder“, „und“ oder „sowie“, ersetzen diese Bindewörter das Komma. Das gilt auch im Falle gleichberechtigt nebeneinanderstehender Nebensätze (Duden-Regeln 100, 111 und 122).
Anders liegen die Dinge, wenn Sie zwei Hauptsätze mit „und“ oder „oder“ verbinden. Hier können Sie ein Komma einfügen. Allerdings nur dann, wenn es sich um vollständige Sätze mit Subjekt, Prädikat und unter Umständen mit Objekt(en) handelt. Die einzelnen Sätze müssten auch allein stehen können.
Kommas können die Gliederung solcher Sätze deutlicher machen, wie der Duden in Regel 119 (2) festhält. Sehr viel ausschlaggebender ist jedoch, dass das Komma für besondere Akzente sorgt.
Lesen Sie sich meine Beispielsätze einfach mal laut vor. Lesen Sie die Kommas mit, machen Sie automatisch eine kleine Pause: Sie betonen den zweiten Satzteil stärker. Fehlen die Kommas, stehen beide Hauptsätze hingegen gleichberechtigt nebeneinander. Sie können Ihre Aussagen mithilfe der Kommasetzung also gezielt gewichten.
Extratipp zum Schluss
Ich habe es gerade erwähnt: Bei Sätzen, die Kommas enthalten, sprechen Sie eine Pause mit. Das hilft Ihnen auch, wenn Sie unsicher sind. Wenn Sie sich die Kommaregeln rund um Aufzählungen, Infinitiv- und Partizipgruppen nicht merken und auch nicht ständig nachschlagen wollen: Lesen Sie Ihre Texte laut. Wenn Sie eine Sprechpause machen, müssen Sie aller Wahrscheinlichkeit nach ein Komma setzen – und falls nicht, liegen Sie ohne Komma richtig.
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Liebe Sandra,
ich habe eine Sorge mit der Kommasetzung in die attributiven Partizipialsätze. Wie folgt habe ich oft beispielsweise geschrieben:
„Diese Diskursformation stützte sich auf die schon seit der Aufklärung entwickelte pseudowissenschaftliche Theorie.“
Ich bekam aber als Korrektur:
„Diese Diskursformation stützte sich auf die, schon seit der Aufklärung entwickelte, pseudowissenschaftliche Theorie.“
Ich weiß nicht mehr was richtig ist.
Ich würde mich sehr auf die korrekte Kommassetzung, und bedanke mich herzlich bei Ihnen.
Beste Grüße
Hallo Pascal,
den Satz „Diese Diskursformation stützte sich auf die schon seit der Aufklärung entwickelte pseudowissenschaftliche Theorie“ würde ich ebenfalls ohne Komma schreiben.
Man kann zwar „schon seit der Aufklärung entwickelte“ als Einschub oder als besonders betonte nachgestellte Erläuterung verstehen. Solche Einschübe kann man, um sie gezielt hervorzuheben, in Kommas einschließen. Laut Duden-Regel 113 kann man in solchen Fällen frei entscheiden, ob man Kommas setzt oder nicht. Ein alternatives Beispiel dazu wäre: „Öffentliche Verkehrsmittel[,] wie Busse und Bahnen[,] sollen stärker gefördert werden.“
Bei Ihrem Satz ist es allerdings so, dass die Kommas den Text und den Lesefluss (sehr!) unvorteilhaft unterbrechen. Mit Kommas lässt sich die Aussage einfach nicht gut lesen. Daher sollten die Kommas weggelassen werden. Die Frage ist eher, wie Ihr Korrektor oder Ihre Korrektorin die Kommasetzung in diesem Satz begründet hat: Das wäre wirklich interessant.
Viele Grüße
Sandra Meinzenbach
Welche Satzzeichen setzt man in einer Bastelanleitung, die als Liste (1., 2., 3. …) aufgebaut ist und wo die Verben im Infinitiv stehen? Dazwischen hat es Ganzsatzbemerkungen.
Wie beginnt man die „Sätze“, mit Groß- oder Kleinbuchstaben, wenn es kein Substantiv ist?
Beispiel:
3. Auf dem Rundholz große Holzkugeln befestigen
4. Rolle beschriften
5. … Rundhölzer auf das Papier legen … andersherum (wenn das Rundholz sich unter dem Papier befindet), gibt es Schwierigkeiten mit dem Aufrollen(.)
Guten Tag,
wenn Sie Wortgruppen als Stichpunkte in einer Liste nutzen, setzt man nach den Stichpunkttexten Kommas und nach dem letzten Stichpunkt einen Punkt: weil solche Wortgruppen als Aufzählung aufgefasst werden. Es gibt hier aber auch Sonderregelungen, die ich in meinem Beitrag Stichpunkte und die Sache mit der Rechtschreibung zusammengefasst habe.
Im Falle von Wortgruppen oder einzelnen Wörtern schreibt man in der Regel nur groß, wenn es sich um Substantive oder um Eigennamen handelt. Alle anderen Wortarten werden kleingeschrieben. Auch hierzu existieren einige Sonderregeln, die Sie in oben genanntem Beitrag nachlesen können.
Viele Grüße
Sandra Meinzenbach
Ich setze Kommas grundsätzlich nach Gefühl und in geringerem Maße auf Grund von Erfahrung. Liege ich oft schief? Würde sagen, hm. Nun ja. Es schadet jedenfslls nicht, ein paar fundierte Tipps mitzunehmen. Danke dafür.
Hallo,
ob nach Gefühl gesetzte Kommas tendenziell richtig oder eher falsch sind, kann ich nicht beurteilen. Aber vielleicht hilft uns unser Gefühl tatsächlich: wenn wir viel lesen und die (hoffentlich korrekt angewandte Kommasetzung) im Hinterkopf hängenbleibt.
Bei Kann-Kommas, wie ich sie in meinem Beitrag erläutert habe, ist das Gefühl übrigens gar nicht so schlecht: beispielsweise bei einfachen Infinitiven mit „zu“. Wenn das Komma intuitiv stört, sollte man verzichten – und wenn Kommas aus dem Bauch heraus passend erscheinen, kann man sie verwenden.
Viele Grüße
Sandra Meinzenbach