Jeder Unternehmer und jede Unternehmerin sollte Persönlichkeit zeigen: weil Persönlichkeit Sympathien stärkt und zum echten Alleinstellungsmerkmal wird. Doch über die eigenen Angebote zu schreiben, ist für Soloselbstständige so eine Sache. Gelegentlich fällt mir auf, dass Freiberufler und Einzelunternehmer Wir-Formulierungen nutzen: dass auf der firmeneigenen Website von „wir als Dienstleister“, von „unseren Leistungen“ oder von „unserer Agentur“ die Rede ist. Warum Sie Mut zum „Ich“ haben sollten, wenn Sie als Einzelkämpfer unterwegs sind – das beleuchte ich in meinem heutigen Beitrag.
Plädoyer für das „Ich“
Wer sich für die Wir-Form entscheidet, glaubt vielleicht, dass ein Auftritt als Einzelperson unseriös und unprofessionell wirkt. Falls auch Sie sich davor drücken, (vermeintlich) verräterische Pronomen wie „ich“ oder „mein“ zu verwenden: Ihre Leser werden merken, dass Sie allein arbeiten – und dass Sie mit dem „Wir“ mehr versprechen, als Sie halten können.
Weil immer nur Sie selbst ans Telefon gehen und weil allein Sie sämtliche E-Mails beantworten. Oder weil weder ein Geschäftspartner noch ein Mitarbeiter einspringt, sobald Sie Urlaub machen. Zudem genügt ein Blick ins Impressum Ihrer Website: Was hängenbleibt, ist der schale Beigeschmack einer widersprüchlichen Kommunikation.
Auch Sie selbst legen sich Steine in den Weg. Denn wenn Sie als Einzelunternehmer zum „Wir“ greifen, gelingt Ihnen keine authentische Selbstdarstellung:
- Sie verschenken das Potenzial einer überzeugenden Über-mich-Seite. Interessierte Leser könnten Sie kennenlernen, Sie selbst könnten sich einen Vertrauensbonus sichern. Aber ohne Ehrlichkeit bekommen Sie keine stimmigen Über-mich-Informationen hin.
- Sie können nicht ohne Weiteres mit Porträtaufnahmen punkten. Fotos verleihen Ihrer Website gleich auf den ersten Blick eine persönliche Note. In Verbindung mit Wir-Formulierungen entsteht jedoch nur eines: Verwirrung.
- Möglicherweise müssen Sie zu Stoßzeiten oder rund um Ihren Urlaub einige Projekte nach hinten schieben. Wenn Sie vorgeben, im Team zu arbeiten, provozieren Sie falsche Erwartungen. Ihre Kunden dürften damit rechnen, dass Anfragen und Aufträge zügig(er) abgehakt werden.
Spielen Sie also besser mit offenen Karten – und heben Sie die Pluspunkte Ihrer Arbeit als Einzelunternehmerin oder Einzelunternehmer hervor.
Ihre Stärken als Einzelunternehmer
Als Einzelperson aufzutreten, nimmt Ihnen nichts von Ihrer Kompetenz. Sicherlich: Einige Leser bevorzugen vielleicht lieber ein kleines Team oder eine große Agentur. Doch andere Leser werden die Vorteile schätzen, die Sie zu bieten haben:
- Sie begegnen Ihren Kunden von Mensch zu Mensch. Wer mit Ihnen zusammenarbeitet, bleibt kein gesichtsloser Käufer oder Auftraggeber. Und auch keine bloße Fallnummer.
- Ihre Kunden profitieren von unkomplizierter Kommunikation: ohne nervige Telefonwarteschleifen und ohne ständig wechselnde Ansprechpartner.
- Als Einzelunternehmerin oder Einzelunternehmer haben Sie laufende Aufträge im Blick. Daher können Sie schnell auf Fragen oder Sonderwünsche reagieren. Ihre Kunden geraten nicht an Mitarbeiter, die ihnen gar nicht weiterhelfen können. Sie brauchen ihr Anliegen nicht immer wieder neu zu erläutern.
Mit Ich-Formulierungen vermitteln Sie diese Vorteile automatisch: auf Ihrer Website ebenso wie auf Ihren Flyern, in Werbebriefen, in E-Mails oder in Ihren AGB. Sie geben sich nicht nur auf Ihrer Über-mich-Seite, sondern in allen Ihren Texten als Mensch und Persönlichkeit zu erkennen – und das ist viel wert.
Tipps für Ihre Selbstdarstellung als Einzelunternehmer
Achten Sie darauf, die Pronomen „ich“, „mein“ oder „meine“ durchgängig zu verwenden. Denken Sie dabei auch an Ihre Social-Media-Kanäle, an Anzeigen und an kleine, aber wichtige Details:
- Was auf den Websites größerer Unternehmen die Über-uns-Seite ist, heißt bei Ihnen „Über mich“, „Vita“ oder „Profil“.
- Zeigen Sie Gesicht. Mit Fotos auf Ihrer Website oder mit einem Porträt auf Ihren Flyern werden Sie greifbar. Interessierte Leser sehen, mit wem sie es zu tun bekommen: Kontakt aufzunehmen, fällt sehr viel leichter.
- Wenn Sie mit einem Netzwerk arbeiten, dann weisen Sie Ihre Kunden ruhig darauf hin. Zeigen Sie jedoch klar und deutlich, dass es sich um Netzwerk-Kontakte und/oder feste Kooperationspartner handelt – und nicht etwa um Ihre Angestellten oder um eine gemeinsame Agentur.
- Wenn Sie konsequent auf Persönlichkeit setzen wollen, dann machen Sie Ihren Namen zu Ihrer Marke. Nutzen Sie Ihren Nachnamen (gerne auch Ihren Vornamen) als Domain Ihrer Website oder als Bestandteil Ihres Firmennamens.
Diese Dinge sollten nicht nur Soloselbstständige wie Grafiker, Fotografen oder Coaches berücksichtigen. Ich-Formulierungen empfehlen sich ebenso für Freiberufler, die ohne Geschäftspartner, aber mit einer Sekretärin oder Assistenten arbeiten: Rechtsanwälte, Unternehmensberater, Ärzte, Sachverständige oder Versicherungsmakler. Auch in solchen Berufen zählen Ihre ganz persönlichen Fachkenntnisse und damit Sie als Person. Greifen Sie daher zu Formulierungen wie „Ich berate Sie bei (…)“ – oder zu Sätzen wie „Ich und mein Team unterstützen Sie (…)“.
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